In der Akte_001_00_A: Das Campingkabel habe ich recht detailliert zusammengetragen wie ein Campingkabel aussehen sollte und auch warum. Wenn man jetzt schon das Geld für eine zulässige Lösung ausgibt, dann kann doch wirklich überhaupt nichts mehr schief gehen, oder?

Naja, es gibt noch eine Sache die beachtet werden sollte und zwar das Thema Strombelastbarkeit von Leitungen. Oder anders formuliert: Warum sollte man Kabeltrommeln bei größerer Belastung auf jeden Fall ganz abrollen?

Ein kleiner Exkurs:

Die Strombelastbarkeit von Leitungen ist ein zentraler Faktor bei der Planung und Installation elektrischer Anlagen. Sie definiert den maximalen elektrischen Strom, den eine Leitung sicher und dauerhaft führen kann, ohne dabei unzulässig hohe Temperaturen zu erreichen, die zur Beschädigung der Isolation oder der Leitung selbst führen könnten.

Hier einige Einflussfaktoren:

  1. Leitermaterial
    • Kupfer und Aluminium sind die am häufigsten verwendeten Materialien. Kupfer hat eine höhere Leitfähigkeit und damit bei gleichem Querschnitt eine höhere Strombelastbarkeit als Aluminium.
  2. Leiterquerschnitt
    • Größere Querschnitte reduzieren den elektrischen Widerstand und ermöglichen höhere Stromstärken.
  3. Umgebungstemperatur
    • Höhere Umgebungstemperaturen verringern die Strombelastbarkeit, da die Wärmeabfuhr der Leitung erschwert wird.
  4. Verlegeart
    • Die Art der Verlegung (z. B. frei in der Luft, in Rohren, in Erde) beeinflusst die Wärmeabfuhr. Leitungen in Erde haben in der Regel eine geringere Strombelastbarkeit als frei verlegte Leitungen.
  5. Isolationstyp
    • Die thermischen Eigenschaften der Isolation bestimmen die maximal zulässige Betriebstemperatur der Leitung.
  6. Bündelung
    • Werden mehrere Leitungen eng nebeneinander verlegt, kann dies die Wärmeableitung beeinträchtigen und die Strombelastbarkeit verringern.

Die Punkte 1, 2 und 5 betrachten wir jetzt als festgelegt bzw. sind sie es ja auch bei den Standard-Campingkabel.

Auf der Seite von Kabelvertrieb Hesselmann lassen sich die Datenblätter für die beiden gängigen Kabeltypen H07RN-F (Gummischlauchleitung) und H07BQ-F (PUR-Leitung) herunterladen:

https://www.hesselmann.de/data-download/produktinfo/he-h07bq.pdf

https://www.hesselmann.de/data-download/produktinfo/he-h07rn.pdf

Hieraus lassen sich für die Kabelsorte 3G2,5 max, Strombelastbarkeiten von 21A bzw. 20A bei der Verlegung in Luft ablesen. Das ist zunächst einmal deutlich mehr wie die 16A Absicherung des Anschlusses. Allerdings stellt die Verlegung an Luft auch einen günstigen Fall dar.

Natürlich gibt es auch für diese Thematik eine Norm und zwar die DIN VDE 0298-4. Und freundlicherweise hat der VDE-Verlag genau zum richtigen Kapitel eine Leseprobe veröffentlicht:

https://www.vde-verlag.de/buecher/leseprobe/9783800746910_PROBE_01.pdf

Hier finden wir in Tabelle 9.2 auf Seite 145 für einen Nennquerschnitt von 2,5mm² bei zwei belasteten Adern und der Verlegeart E (mehradriges Kabel mit Abstand von mindestens 0,3 · Durchmesser D zur Wand) eine max. Strombelastbarkeit von 30A. Für den Unterschied von 20/21A aus den Datenblättern zu den 30A aus der Norm konnte ich jetzt keine vernünftige Erklärung finden. In der Norm geht es um die feste Verlegung in und an Gebäuden, also vorrangig Kabel mit starren Adern, bei der Gummischlauchleitung und der PUR-Leitung steht das F für eine flexible Leitung mit feindrähtigen Adern. Das kann aber den Unterschied nicht ausmachen, zumal die max. zulässige Leitertemperatur bei H07RN-F und H07BQ-F mit 80°C bzw. 90°C sogar höher ist, als die 70°C, die der Tabelle 9.2 aus der Norm zugrunde liegen. Ich wäre interessiert, wenn hier jemand eine Erklärung hätte.

Der springende Punkt ist jetzt, und da ist es erstmal egal ob wir von 20A oder 30A ausgehen, dass die max. Strombelastbarkeit je nach Verlegeart, Bündelung und Umgebungstemperatur massiv reduziert wird. So muss man für die gebündelte Verlegung von 20 Leitungen nach Tabelle 9.4 einen Korrekturfaktor von 0,38 einrechnen. Aus meiner Sicht ist eine Kabeltrommel auf der noch mind. 20 Wicklungen drauf sind, durchaus vergleichbar.

Hinzu kommt schon ab 35°C Umgebungstemperatur ein weiterer Korrekturfaktor <1 nach Tabelle 9.3, der damit die Strombelastbarkeit weiter reduziert, egal bei welcher zulässigen Betriebstemperatur des Leiters. Nehmen wir dafür einfach mal 0,9, dann landen wir insgesamt bei rund einem Drittel der ursprünglich angegeben Strombelastbarkeit.

Und tatsächlich gibt es Kabeltrommeln auf denen man Angaben in ähnlichen Größenordnungen findet. Für den aufgerollten Zustand wird weniger als ein Drittel der Leistung im abgerollten Zustand angegeben.

Hier ein Beispiel von Brennenstuhl:

https://www.brennenstuhl.com/de-DE/themenwelt/sicherheit/

Ausgehend von 20A landen wir irgendwo bei 7A und ausgehend von 30A bei 10-11A. Reicht beides für die Campingplätze bei denen noch mit 6A abgesichert ist, aber eben nicht bei der eigentlich mittlerweile vorgeschriebenen 16A-Absicherung. Natürlich nur wenn auch wirklich so starke Verbraucher angeschlossen sind.

Bei der berühmten Haushaltskabeltrommel mit 1,5mm² wird es natürlich schon viel früher kritisch.

Gemäß DIN EN 61242 (VDE 0620-300 müssen Leitungsroller mit einer „Schutzeinrichtung gegen übermäßige Erwärmung“ ausgestattet sein, also z.B. einem Thermoschutzschalter. Damit sollte dann der Supergau vermieden werden und die Eingangsfrage kann mit „ja“ beantwortet werden. Es kann trotzdem nervig werden, wenn der Schutzschalter auslöst, man keinen Strom mehr hat und erstmal warten muss bis alles abgekühlt ist.

Kabelspulen wie diese z.B. haben diese Schutzeinrichtung natürlich nicht, deshalb ist hier umso größere Vorsicht geboten und die Frage muss mit „nein“ beantwortet werden. Obwohl man zulässige Produkte hat, kann eben im schlimmsten Fall doch noch was schiefgehen.

Deshalb sollte man sich generell mindestens an die „Drittel-Regel“ halten und im Zweifelsfall das Kabel ganz abspulen.


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